Zur Verjährung von Forderungen spanischer Eigentümergemeinschaften

Ich werde immer wieder mit der Frage konfrontiert, welche Verjährungsfristen gelten, wenn es um Beiträge zu den Gemeinschaftsausgaben spanischer Eigentümergemeinschaften geht.

Die geltenden Regelungen, und insbesondere eine Antwort auf die häufigsten Fragen kann man sehr gut anhand eines aktuellen Urteils des Landgericht Alicante schildern.

Das Urteil der Audiencia Provincial de Alicante, vom 28. November 2023, hatte zum Gegenstand zu klären, welche Vorschriften einschlägig sind, und wie die Verjährung unterbrochen werden kann.

Verjährt oder nicht?

In dem konkreten Fall hatte die Eigentümergemeinschaft (nennen wir Sie) „Paraiso“ gegen den Eigentümer (nennen wir ihn) Peter Pfennigfuchser wegen unbezahlter Gemeinschaftsbeitrage geklagt. Das erstinstanzliche Gericht hatte den Beklagten zur Zahlung von 3.326,66 Euro verurteilt. Peter Pfennigfuchser legte gegen dieses Urteil Berufung ein und argumentierte, dass ein Teil der Forderungen verjährt sei.

Der Beklagte behauptete, dass alle Forderungen, die vor dem 11. Juni 2016 entstanden waren, der Verjährung unterliegen würden. Er beantragte eine Reduzierung des geschuldeten Betrags auf 890,80 Euro, was den nicht verjährten Forderungen entsprechen sollte.

Die Eigentümergemeinschaft „Paraiso“ als Klägerin widersprach der Berufung und forderte die Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

Das Landgericht Alicante stützte seine Entscheidung auf mehrere wichtige rechtliche Grundlagen:

Verjährungsfrist: Das Gericht bezog sich auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs Spaniens, insbesondere auf das Urteil 769/2021 vom 4. November 2021. Dieses Urteil kam zu der Überzeugung, dass für die Einforderung von Gemeinschaftskosten gemäß Artikel 9.1 e) des spanischen Wohnungseigentumsgesetzes (Ley de Propiedad Horizontal) eine Verjährungsfrist von 5 Jahren gelte. Diese Frist leite sich aus Artikel 1.966 Absatz 3 des spanischen Zivilgesetzbuchs (Código Civil) ab und nicht aus Artikel 1.964 Código Civil.

Beweislast: Das Gericht betonte, dass es Aufgabe der Eigentümergemeinschaft sei, den Zeitraum zu bestimmen, auf den sich die Schuld bezieht. Dies ist besonders relevant, wenn der Beklagte die Verjährung geltend macht.

Unterbrechung der Verjährung: Das Gericht prüfte, ob es Handlungen gab, die die Verjährungsfrist unterbrochen haben könnten. Es stellte fest, dass ein im Jahr 2019 versandtes Einschreiben nicht zur Unterbrechung der Verjährung führte, da es an eine falsche Adresse und an eine andere Person gerichtet war.

Berechnung der Schuld: In Ermangelung einer detaillierten Aufschlüsselung der Schuld durch die Gemeinschaft akzeptierte das Gericht die Berechnung des Herrn Pfennigfuchser. Es berücksichtigte dabei den monatlichen Beitrag von 37,64 Euro und die Tatsache, dass einige Zahlungen bereits geleistet worden waren.

Basierend auf diesen rechtlichen Wertungen kam das Gericht zu dem Schluss, dass alle Forderungen, welche von vor dem 15. Juni 2016 datierten, verjährt wären. Es reduzierte den geschuldeten Betrag auf 890,80 Euro, was den nicht verjährten Forderungen entsprach.

Implikationen und Bedeutung

Dieses Urteil veranschaulicht sehr gut, welche Aspekte zu berücksichtigen sind:

Klarheit der Verjährungsfrist: Die Entscheidung bekräftigt die 5-Jahres-Verjährungsfrist für die Beiträge zu den Gemeinschaftskosten.

Bedeutung der Dokumentation: Das Urteil unterstreicht die Wichtigkeit einer genauen und detaillierten Dokumentation von Schulden durch die Eigentümergemeinschaft. Die fehlende Aufschlüsselung der Schuld war ein entscheidender Faktor, um der Argumentation des Schuldners zu folgen.

Vorsicht beim Versuch, die Verjährung zu unterbrechen: Die Entscheidung zeigt, dass Versuche, die Verjährung zu unterbrechen, sorgfältig durchgeführt werden müssen. Fehler bei der Zustellung von Mahnungen können die Wirksamkeit solcher Versuche beeinträchtigen. Daher sollte immer wenigstes mit einem Einschreiben mit Rückschein gearbeitet werden.

Beweislast: Das Urteil betont, dass die Beweislast für die Gültigkeit und den Zeitpunkt der Forderungen bei der Eigentümergemeinschaft liegt, insbesondere wenn Verjährung geltend gemacht wird.

Schlussfolgerung

Für Rechtsanwälte und Verwalter von Eigentümergemeinschaften unterstreicht dieses Urteil die Notwendigkeit, Forderungen zeitnah geltend zu machen und eine präzise Dokumentation zu führen. Eigentümer hingegen sollten sich der Verjährungsfristen bewusst sein und ihre Zahlungshistorie sorgfältig überprüfen, wenn sie mit Forderungen konfrontiert werden.

Wichtige Fragen und Antworten

Frage 1: Wie lange ist die Verjährungsfrist für Gemeinschaftskosten in Spanien?

Die Verjährungsfrist für Gemeinschaftskosten beträgt in Spanien 5 Jahre. Dies wurde durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bestätigt und basiert auf Artikel 1.966 3º des spanischen Zivilgesetzbuchs.

Frage 2: Wer trägt die Beweislast bei Streitigkeiten über Gemeinschaftskosten?

Die Beweislast liegt bei der Eigentümergemeinschaft. Sie muss nachweisen können, wann die Forderungen entstanden sind und dass sie noch nicht verjährt sind. Dies unterstreicht die Wichtigkeit einer genauen und detaillierten Buchführung durch die Gemeinschaft.

Frage 3: Wie kann die Verjährung von Gemeinschaftskosten unterbrochen werden?

Die Verjährung kann durch eine rechtmäßige Mahnung oder durch die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens unterbrochen werden. Wichtig ist, dass die Mahnung korrekt zugestellt wird. Im vorliegenden Fall war ein Einschreiben wegen falscher Adressierung nicht wirksam.

Frage 4: Was passiert, wenn ein Teil der geforderten Gemeinschaftskosten verjährt ist?

Wenn ein Teil der Forderungen verjährt ist, kann nur der nicht verjährte Teil eingeklagt werden. Im vorliegenden Fall reduzierte das Gericht den ursprünglich geforderten Betrag erheblich, da ein Großteil der Forderungen als verjährt angesehen wurde.

Frage 5: Welche Konsequenzen hat dieses Urteil für Eigentümergemeinschaften?

Eigentümergemeinschaften sollten ihre Buchhaltung und das Forderungsmanagement überprüfen. Es ist wichtig, Schulden zeitnah einzutreiben und detaillierte Aufzeichnungen zu führen, um im Streitfall die Entstehung und den Zeitpunkt der Forderungen nachweisen zu können.

Frage 6: Können Eigentümer sich auf dieses Urteil berufen, um ältere Forderungen anzufechten?

Ja, Eigentümer können sich auf dieses Urteil berufen, insbesondere aber auf das genannte Urteil des Tribunal Supremo (Urteil nº 769/2021, vom 4. November 2021), um die Verjährung von Forderungen geltend zu machen, die älter als 5 Jahre sind. Allerdings müssen sie beachten, dass die Verjährungsfrist durch rechtmäßige Mahnungen oder Gerichtsverfahren unterbrochen worden sein könnte.

Relevante Rechtsgrundlagen

Artikel 9.1 e) des spanischen Wohnungseigentumsgesetzes (Ley de Propiedad Horizontal): Definiert die Verpflichtung der Eigentümer, zu den Gemeinschaftskosten beizutragen.

Artikel 1.966 3º des spanischen Zivilgesetzbuchs (Código Civil): Legt die 5-jährige Verjährungsfrist für regelmäßige Zahlungen fest.

Artikel 1.964 des spanischen Zivilgesetzbuchs: Allgemeine Verjährungsregel für sonstige allgemeine Forderungen, die in diesem Fall aber nicht angewandt wurde.

Gesetz 42/2015 vom 5. Oktober: Dieses Gesetz änderte die urpsrüngliche Fassung des aktuellen Artikels 1964 des spanischen Zivilgesetzbuchs (Código Civil) und führte zu Diskussionen über die anwendbare Verjährungsfrist.