Das spanische Wohnungseigentumsrecht schreibt vor, dass jedes Jahr mindestens eine ordentliche Eigentümerversammlung abgehalten werden muss.
In dieser wird üblicherweise die Endabrechnung des vorangegangenen, gerade abgeschlossenen Wirtschaftsjahres vorgenommen, der Präsident und der Hausverwalter entlastet, der zukünftige Haushaltsplan aufgestellt, und die Ämter des Präsidenten und Sekretär-Verwalters neu vergeben bzw. die vorangegangenen Amtsträger für eine neue Amtsperiode bestellt.
Wird die jährliche, ordentliche Eigentümerversammlung vorbereitet, fließen in die Ladung natürlich auch alle anderen Angelegenheiten ein, die besprochen werden, oder über die sinnvoller Weise abgestimmt werden muss.
In den meisten Gemeinschaften genügt es deshalb, wenn zentral, ein Mal im Jahr, zum Zeitpunkt der Abhaltung der ordentlichen Versammlung, sämtliche diskussionswürdigen Belange thematisiert werden.
Manchmal müssen aber auch Entscheidungen bezüglich zunächst unvorhergesehener Herausforderungen getroffen werden. Das kann eine mehr oder minder eilbedürftige Sanierungsmaßnahme oder die Notwendigkeit sein einen unaufschiebbaren Beschluss treffen zu müssen.
In diesen Fällen muss die Gemeinschaft selbstverständlich nicht bis zur Abhaltung der nächsten jährlichen, ordentlichen Eigentümerversammlung warten, sondern kann eine außerordentliche Versammlung einberufen.
Im Idealfall sind sich alle Eigentümer darüber einig, dass eine Versammlung abzuhalten ist, und die für die Organisation derselben zuständigen Organe nehmen alle notwendigen Handlungen mit absoluter Selbstverständlichkeit vor, so als würde es sich um eine ordentliche Versammlung handeln.
Nicht immer zeigt sich aber der Präsident oder die Hausverwaltung bereit eine derartige, außerordentliche Versammlung einzuberufen.
Manchmal hält der Präsident oder die Hausverwaltung eine solche für nicht erforderlich, und es mangelt alleine aus diesem Grund an der Bereitschaft zur Kooperation. Manchmal liegt die Ursache für die Weigerung, eine Versammlung einzuberufen aber auch darin begründet, dass diese bzw. die in ihr zu treffenden Beschlüsse den Interessen einzelner Eigentümer oder Organe zuwiderlaufen.
Recht auf Versammlung
Artikel 16 Absatz 1 des spanischen Wohnungseigentumsgesetzes (Ley de Propiedad Horizontal, wörtlich übersetzt: Gesetz über horizontales Eigentum) sieht allerdings vor, dass eine Versammlung immer dann einzuberufen ist, wenn hierfür ein Erfordernis besteht, oder der Präsident dies für angezeigt erachtet, bzw. wenn sich ein Viertel der Eigentümer oder eine Anzahl Eigentümer, auf welche 25 % der Beteiligungsquoten entfällt, darum bittet.
Existiert also eine Gruppe von Eigentümern, welche eine der beiden Kriterien erfüllt (entweder umfasste sie ¼ der Stimmen der Eigentümergemeinschaft, oder sie besteht aus 25 % der Beteiligungsquoten), so hat die Versammlung zu erfolgen, ohne dass sich der Präsident oder die Hausverwaltung hiergegen wehren könnten.
Sicherlich kann es Konstellationen geben, in denen ein Antrag auf Abhaltung einer außerordentlichen Versammlung als rechtsmissbräuchlich eingeordnet werden könnte.
Es macht regelmäßig keinen Sinn, eine außerordentliche Versammlung abzuhalten, wenn es um keine eilbedürftigen Maßnahmen geht, und die ordentliche Versammlung ohnehin kurz bevorsteht.
Grundsätzlich ist aber dem Wunsch nach Abhaltung einer Versammlung zu entsprechen, und diese in geeigneter Weise vorzubereiten, wenn der Antrag von einer Gruppe gestellt wird, welche die oben beschriebenen Voraussetzungen erfüllt.
In der Praxis stellt sich dann allerdings das Problem, dass die Antragsteller in den meisten Fällen faktisch nicht im Stande sind, aus eigener Kraft, eine Versammlung einzuberufen, da sie z.B. nicht über die Adressen der übrigen Eigentümer verfügen, es an Sprachkenntnissen mangelt, oder schlicht nicht die technischen oder logistischen Möglichkeiten bestehen.
Dafür ist schließlich die Hausverwaltung zuständig, denn diese verwaltet die notwendigen Adressdatensätze, verfügt über mehrsprachiges Personal und ist darin geübt die erforderlichen Texte zu erstellen und zu versenden.
Was aber tun, wenn sich die Hausverwaltung weigert, an der Vorbereitung der erbetenen Versammlung mitzuwirken?
Eine Lösung bestünde darin, an die Antragsteller zumindest die unerlässlichen Adressdaten der Mitglieder der Eigentümergemeinschaft herauszugeben, denn eine Übersetzung oder die Unterstützung bei der Abfassung und Versendung der Ladungen lasst sich im Zweifel durch die Beauftragung Dritter outsourcen. Ohne die Anschriften der übrigen Eigentümer kann es aber zu keiner rechtlich einwandfreien Versammlung kommen, denn alle Eigentümer müssen rechtzeitig genug, eine Ladung erhalten, und ohne Zustelladresse oder Kontaktdaten ist dies schlicht unmöglich.
Leider wird von den unkooperativen Hausverwaltungen dann oftmals das Argument des Datenschutzes ins Feld geführt. Es heißt deshalb häufig, eine Herausgabe der Adress- oder Kontaktdaten könne nicht erfolgen, weil dies gegen das spanische Datenschutzgesetz (Ley de Protección de Datos) verstoßen würde.
Natürlich werden im Rahmen der Organisation einer Eigentümergemeinschaft Daten gesammelt und verwaltet. Ebenso gelten auch in diesen Beziehungen der Gemeinschaft zu den einzelnen Eigentümer die einschlägigen Datenschutzvorschriften. Eine spanische Eigentümergemeinschaft ist keinesfalls von der Einhaltung der Datenschutzregelungen befreit.
Gemäß der selbstverständlich auch in Spanien geltenden EU DS-GVO, ergibt sich aus deren Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b.) und c.), dass personenbezogene Daten lediglich für „festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke erhoben werden“ (so Buchstabe b. dieses Artikels 5 Absatz 1) […], und besagt weiter, diese dürften „nicht in einer mit diesen Zwecken nicht zu vereinbarenden Weise weiterverarbeitet werden“ (so Buchstabe c.) dieses Artikels und Absatzes).
Damit dürfen die personenbezogenen Daten lediglich für die Erfüllung legitimer Zwecke weitergegeben werden, und ihre Weitergabe unterliegt der sogenannten „Zweckbindung“.
Weiterhin soll der Umfang der übermittelten Daten „dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein“ (siehe Buchstabe c.) des Artikels 5 Absatz 1). Dieser Grundsatz wird auch als Grundsatz der „Datenminimierung“ bezeichnet.
Wenn wir uns jetzt vor Augen führen, dass das spanische Wohnungseigentumsgesetz (Ley de Propiedad Horizontal, kurz: LPH), gemäss Artikel 16 Absatz 1 LPH einer Anzahl Eigentümer welche 1/4 der Stimmen oder 25 % der Beteiligungsquoten auf sich vereinen, das Recht einräumt, eine Versammlung zu veranlassen, und dass Artikel 16 Absatz 2 LPH weiter festlegt, dass die Ladung auch einen Hinweis darüber enthalten muss, wer Schulden in welcher Höhe hat, und dass die Ladung regelmäßig unter der Adresse erfolgt, welche der Eigentümer dem Hausverwalter gemäß Artikel 9.1.h.) LPH mitgeteilt hat, wird klar, dass die Möglichkeit von diesem Einberufungsrecht Gebrauch zu machen, voraussetzt, dass man den einberufenden Eigentümern Zugang zu den Adressdaten aller übrigen Eigentümer und deren gegebenenfalls bestehenden Schulden einräumt.
Aus dem spanischen Wohnungseigentumsgesetz ergibt sich somit unmittelbar der Umfang der zur Verfügung zu stellenden Daten, wenn sich die Hausverwaltung nicht selbst um die Vorbereitung kümmert – obwohl es ihre Pflicht ist.
Pflicht der Hausverwaltung
Eigentlich sollte sich die Hausverwaltung um die ordnungsgemäße Erstellung und Übermittlung der Ladungen, sowie die geeignete Umsetzung der Versammlung kümmern.
Dies hat, wie wir aus Artikel 16 LPH entnehmen können, nicht nur auf Geheiß des Präsidenten hin zu geschehen, sondern wenn eine Gruppe Eigentümer dies erbittet, solange sie die in Artikel 16 LPH beschriebenen Voraussetzungen erfüllt (1/4 der Stimmen oder 25 % der Quoten).
Die Hausverwaltung arbeitet schließlich für die Gemeinschaft und nicht für den Präsidenten, und muss auch den geeigneten und berechtigten Anträgen der übrigen Eigentümer Folge leisten, selbst wenn diese keine Amtsträger sind.
Der richtige Weg würde deshalb über die Beantragung der Versammlung gegenüber der Hausverwaltung führen.
Weigert sich die Hausverwaltung, die erbetene Versammlung zu organisieren, so verstößt sie gegen ihre gesetzlichen Pflichten, wenn es hierfür keinen legitimen Grund gibt.
Möchte sie selbst, ohne triftigen Grund, nicht tätig werden, dann spricht einiges dafür, dass die beschriebenen Daten an die Antragsteller herauszugeben sind, denn die genannten Datensätze werden für eine ordnungsgemäße Ladung benötigt, und wenn die Durchführung legitim ist, würde die Weitergabe im Grunde genommen auch ihm Rahmen der datenschutzrechtlichen Vorgaben übermittelt. Schließlich handelt es sich um Datensätze, welche lediglich die benötigten Daten umfassen, und gesetzlich vorgesehen sind. Die Prinzipien der „Zweckbindung„ und „Datenminimierung„ könnten folglich problemlos erfüllt werden.
Ein Blick in die europäische Datenschutzverordnung zeigt uns darüber hinaus, wann eine Verarbeitung rechtmäßig ist:
Artikel 6.1.f.) DSGVO:
Artikel 6: Rechtmäßigkeit der Verarbeitung
- Die Verarbeitung ist nur rechtmäßig, wenn mindestens eine der nachstehenden Bedingungen erfüllt ist:
[…]
f.) Die Verarbeitung ist zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt.
Hier sollte davon ausgegangen werden können, dass die Möglichkeit der Durchführung einer Versammlung, unter Beachtung der Vorgaben, des spanischen Wohnungseigentumsgesetzes, zur Wahrung berechtigter Interessen erfolgt.
Dann müssten die Daten auch an die Organisatoren der Versammlung herausgegeben werden können.
Die spanische Datenschutzbehörde
Genau diese Frage, nach der Weitergabe der für eine Ladung erforderlichen Angaben an die Organisatoren einer Versammlung, hat die spanische Datenschutzbehörde (Agencia Española de Protección de Datos) noch nicht ausdrücklich entschieden.
Dies wahrscheinlich deshalb, weil die Pflicht der Hausverwaltung, die erbetene Versammlung abzuhalten, eigentlich unbestreitbar ist.
Auf ihrer Internetseite findet sich allerdings eine Rubrik welche häufig gestellten Fragen, den sogenannten F.A.Q. (Frecuently Asked Questions), gewidmet ist.
Dort wird tatsächlich die Frage, ob ein Eigentümer berechtigt sei die Namen der übrigen Mitglieder der Eigentümergemeinschaft zu erfahren, positiv beantwortet, und dies damit begründet, dass einer derartigen Anfrage ein berechtigtes Interesse Zugrundeliege.
Betrachtet man die Lebenswirklichkeit, kann hieran auch aus allein praktischen Gründen kein Zweifel bestehen.
Aus den Protokollen der abgehaltenen Eigentümerversammlungen wird sich ergeben müssen (weil das Gesetz diese Angaben fordert), wer an der Versammlung persönlich teilgenommen hat, wer vertreten wurde, welche Beteiligungsquoten auf diese Eigentümer entfallen, wie sie abgestimmt haben, und wer Schulden gegenüber der Gemeinschaft hat, und deshalb an der Stimmabgabe gehindert war.
Wenn sich diese Informationen ohnehin aus der jedem Eigentümer zuzustellenden Dokumentation ergeben, lässt sich nicht erkennen, warum die separate Mitteilung derartiger Daten aufgrund von datenschutzrechtlichen Bedenken nicht möglich sein sollte.
Die Herausgabe der Adressen dieser Eigentümer würde zwar der Übermittlung eines erweiterten Datensatzes entsprechen, aber wenn wir uns vor Augen führen, dass die Sondereigentumselemente der jeweiligen Eigentümergemeinschaften – insgesamt betrachtet, also auf ganz Spanien bezogen – ohnehin meist von ihren Eigentümern bewohnt werden, wird klar, dass die überwiegende Anzahl der Anschriften dieser Eigentümer bereits bekannt sein dürfte, wenn es sich um die Wohnsitzimmobilie handelt.
Haben wir es mit einem Zweitwohnsitz oder einer Ferienimmobilie zu tun, wird gemäß Artikel 9.1.h.) LPH die Zustellanschrift des Eigentümers gleichfalls mit dem betroffenen Sondereigentumselement identisch sein, wenn keine alternative Adresse mitgeteilt wurde. Schliesslich unterstellt das Gesetz in diesen Fällen besagt Fiktion.
Im Ergebnis würde also eine Begrenzung der Weitergabe der Adressdaten faktisch eine Ladung zur Versammlung nur in gewissen Fällen erschweren oder unmöglich machen.
Mit anderen Worten: Wie schützenswert kann im Regelfall eine Information sein, die ohnehin meist allen hiervon Betroffenen bekannt ist?
Soll die Abhaltung einer gesetzlich geforderten Versammlung alleine deshalb unterbleiben, weil man einen Teil der Adressen der übrigen Eigentümer nicht kennt? Obwohl man mit diesen Miteigentum an den Gemeinschaftselementen hat? Obwohl man (in Übereinstimmung mit der spanischen Datenschutzbehörde) einen Anspruch darauf hat die Namen dieser Eigentümer zu kennen? Obwohl es gesetzlich vorgeschrieben ist die gegebenenfalls bestehenden Schuldner in der Ladung namentlich zu nennen?
Dem Schutz der Adressdaten, in einem solchen Fall, Vorrang gegenüber der Möglichkeit einzuräumen, die gesetzlich geforderten Voraussetzungen zur Vorbereitung einer Versammlung zu erfüllen, wird also in den meisten Konstellationen keinerlei Bedeutung zukommen, weil diese Angaben ohnehin bereits bekannt sind.
Betroffen wären insbesondere nur die Eigentümer, welche einen abweichenden Hauptwohnsitz haben, und der gegenständliche Datenschutz würde sich tatsächlich nur hier auswirken.
Entweder oder
Der Hausverwalter muss sich deshalb entscheiden:
Entweder er erfüllt seine gesetzliche Pflicht, und vermeidet gleichzeitig eine Weitergabe der benötigten Daten an die übrigen Eigentümer, indem er sich selbst darum kümmert, dass die Versammlung stattfinden kann, oder er muss die für die ordnungsgemäße Durchführung der Versammlung benötigten Datensätze an die Organisatoren herausgeben, damit diese sich darum kümmern.
Sich beiden Alternativen zu verweigern, wäre aus Sicht des spanischen Wohnungseigentumsrechts ungesetzlich.
Leider sieht das spanische Wohnungseigentumsgesetz keine Sanktion für derartige Verstöße des Hausverwalters vor. Weigert er sich, kann dies aber zum Anlass genommen werden, den Verwaltervertrag zu kündigen. Sollte der Hausverwalter durch sein Verhalten die Durchführung der Versammlung verzögert oder verhindert haben, und sollten der Gemeinschaft dadurch bezifferbare Schäden entstanden sein, könnte auch eine Haftung des Hausverwalters in Frage kommen.
Typische Beispiele sind, gekündigte oder nicht abgeschlossene Versicherungen, ungünstige Verträge aufgrund der Nichtwahrnehmung von Gestaltungsmöglichkeiten, Unfälle die auch die unterlassenen Maßnahmen zurückzuführen sind, welche sonst in der Versammlung beschlossen worden wären.
Eine Behinderung der Versammlung durch den Präsidenten oder den Hausverwalter ist daher im Ergebnis ungesetzlich.