Die Online-Versammlung und der Umlaufbeschluss in Spanien

Im Rahmen der Organisation und Verwaltung spanischer Eigentümergemeinschaften wird häufig die Frage aufgeworfen, ob es in Spanien zulässig ist auf postalischem Weg, ohne Versammlung, Beschlüsse zu fassen, und ob die Abhaltung von Online-Versammlungen statthaft sei.

Insbesondere aufgrund der während der Pandemie beschränkten Reisemöglichkeiten, des Umstands, dass viele Mitglieder spanischer Eigentümergemeinschaften ihren Wohnsitz außerhalb Spaniens haben, wodurch ein zusätzliches Hindernis zur Abhaltung von Präsenzversammlungen hinzutritt, und der Tatsache, dass das deutsche Wohnungseigentumsrecht die Möglichkeit vorsieht, durch sogenannte Umlaufbeschlüsse Entscheidungen auf postalischem Weg zu bewirken, und das deutsche Wohnungseigentumsgesetz in seinem § 23 Absatz 1 seit dem Jahr 2020 auch die Zuschaltung von Eigentümern via Videokonferenzsystemen vorsieht, sehen sich früher oder später fast alle größeren Eigentümergemeinschaften in Touristengebieten, dieser Frage ausgesetzt.

Die Beantwortung ist, wenn man den vielen möglichen Unterfällen gerecht werden möchte, etwas komplexer als es zunächst scheinen mag.

Als erstes gilt zu berücksichtigen, dass die Autonome Gemeinschaft Kataloniens eigene Vorschriften zum Wohnungseigentumsrecht kennt, welche im fünften Buch des katalanischen Zivilgesetzbuches normiert sind, während in Spanien, so wörtlich, das Gesetz über das horizontale Eigentum (Ley de Propiedad Horizontal), und nachgeordnet das spanische Zivilgesetzbuch gilt.

Als Erstes müssen wir daher diese Unterscheidung zwischen Katalonien und dem Rest Spaniens treffen und gehen dann jeweils Punkt für Punkt, auf die häufigsten Konstellationen in ganz Spanien, inklusive Katalonien, ein.

Das gemeinstaatliche spanische Wohnungseigentumsrecht

Es ist zwischen der rechtlichen Situation bis zum 8. Mai 2021, ab dem 9. Mai 2021, und nach dem 31. Dezember 2021 zu unterscheiden.

Schriftliche Stimmabgabe bis zum 8. Mai 2021

Umlaufbeschlüsse waren bis zu diesem Zeitpunkt nicht vorgesehen.

Dies bedeutet allerdings nicht, dass das spanische Wohnungseigentumsgesetz nicht etwa schon früher Konstellationen kannte in denen eine zeitversetzte, schriftliche Stimmabgabe ausdrücklich vorgesehen, ja sogar vorgeschrieben ist.

Gemäß der Ley de Propiedad Horizontal, unterscheidet man zwischen den Beschlüssen, welche unmittelbar in der Versammlung getroffen werden können, und denjenigen, welche gemäß Artikel 17.8 LPH erfordern, dass das Verhalten der in der Versammlung abwesenden, nicht vertretenen Eigentümer abgewartet wird.

In vielen Eigentümergemeinschaften wird diese Regelung leider, aus Unkenntnis, ignoriert.

Artikel 17.8 LPH bezeichnet Abstimmungsgegenstände, bei denen der in der Eigentümerversammlung getroffene Beschluss eigentlich nur vorläufig zustande gekommen ist.

Dieses vorläufige Beschlussergebnis muss dann, den in der Versammlung abwesenden, und nicht vertretenen Eigentümern zugestellt werden, damit diese Gelegenheit haben, binnen einer Frist von 30 Tagen von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen, und dem in der Versammlung getroffenen, vorläufigen Beschluss, ihre Zustimmung zu erteilen oder ihm gegebenenfalls entgegenzutreten.

Es handelt sich bei diesen Beschlüssen grundsätzlich um solche, bei denen das Gesetz ausdrücklich die Kostentragungspflicht lediglich auf die zustimmenden Eigentümer entfallen lässt, oder um Beschlüsse, welche Konstellationen zum Gegenstand haben, in denen die angestrebte Veränderung lediglich zum Vorteil einzelner Eigentümer bzw. zur ausschließenden, privaten Nutzung bestimmter Eigentümer vorgesehen ist.

Der abwesende, nicht vertretene Eigentümer muss von seinem Stimmrecht nicht unbedingt Gebrauch machen. Unternimmt er nichts, so gilt seine unterlassene Stimmabgabe, als Zustimmung zu dem durch die anwesenden oder vertretenen Eigentümer getroffenen Beschluss.

Stimmt er allerdings ausdrücklich ab, so ist seine Stimme und die auf diese entfallenen Quoten entsprechend als Zustimmung oder Gegenstimme bzw. Enthaltung zu verzeichnen.

In diesen Fällen sah und sieht das spanische Wohnungseigentumsgesetz also ausdrücklich eine nach der eigentlichen Versammlung erfolgende, schriftliche Stimmabgabe vor.

Das spanische Wohnungseigentumsgesetz (LPH) kannte und kennt deshalb durchaus die schriftliche Stimmabgabe. Und in diesem Zusammenhang ist und war diese vorgesehen und gestattet.

Darüber hinaus, hatte der Gesetzgeber eine schriftliche Stimmabgabe allerdings bis zum 9. Mai 2021, nicht geplant.

Auch heute noch ist deshalb der Artikel 17.8 LPH ununterbrochen zu beachten, und die schriftliche Stimmabgabe für die in der Versammlung abwesenden, nicht vertretenen Eigentümer zu ermöglichen, wenn der Abstimmungsgegenstand in seinen Regelungsbereich fällt. Wird dies missachtet, kann der Beschluss gegebenenfalls wirksam gerichtlich angefochten werden.

Schriftliche Stimmabgabe ab dem 9. Mai 2021

Angesichts der durch die Pandemie hervorgerufenen Einschränkungen, und der Schwierigkeit, wenn nicht Unmöglichkeit, Eigentümerversammlungen in gewohnter Weise durchzuführen, erließ der Gesetzgeber, am 4. Mai 2021, das königliche Gesetzesdekret 8/2021 (Real Decreto Ley 8/2021, de 4 de mayo de 2021), welches im offiziellen Gesetzblatt, also dem Boletín Oficial del Estado, am 5. Mai 2021 veröffentlicht wurde, und am 9. Mai 2021 in Kraft trat.

Hiernach wurden ausdrücklich, gemäß seinem Artikel 3, neben den althergebrachten physischen Versammlungen an einem zentralen Ort, nämlich dem Versammlungsort, drei zusätzliche Arten von Versammlungen oder Abstimmungsmodellen zugelassen.

Dies wäre zunächst gemäß Artikel 3.2 des genannten königlichen Gesetzesdekrets, (A) eine Versammlung via Videokonferenz oder (B) eine telematische bzw. ferntechnische Versammlung mittels Mehrfach-Telefonkonferenz oder Telefonschalte, bzw. gemäß Artikel 3.3 der genannten Vorschrift und als dritte Option, (C) eine Beschlussfassung gänzlich ohne Durchführung einer tatsächlichen Versammlung, nämlich die Herbeiführung einer Entscheidung oder Beschlussfassung, im Wege einer postalischen oder auf elektronischem Wege abgegebenen Stimme ohne jegliches Treffen, also letztlich ein sogenannter Umlaufbeschluss.

Um das Verständnis zu erleichtern, folgt eine Gegenüberstellung des genannten Gesetzesdekrets mit einer unverbindlichen, durch uns erstellen Übersetzung:

Offizielle FassungInoffizielle Übersetzung
Artículo 2. Suspensión de obligaciones y prórrogas.

1. La obligación de convocar y celebrar la junta de propietarios en las comunidades sujetas al régimen de propiedad horizontal quedará suspendida hasta el 31 de diciembre de 2021.

2. Durante el mismo período, queda igualmente suspendida la obligación de aprobar el plan de ingresos y gastos previsibles, las cuentas correspondientes y el presupuesto anual.

3. Durante el mismo período, o hasta la celebración de la junta correspondiente, se entenderán prorrogados el último presupuesto anual aprobado y los nombramientos de los órganos de gobierno, aunque a la entrada en vigor del presente real decreto-ley hubiera expirado el plazo legal o estatutariamente establecido.

Artículo 3. Posibilidad de celebrar reuniones.

1. Excepcionalmente, durante dicho período la junta de propietarios podrá reunirse a solicitud del presidente o de la cuarta parte de los propietarios, o un número de éstos que representen al menos el 25 por 100 de las cuotas de participación, si fuera necesaria la adopción de un acuerdo que no pueda demorarse hasta el 31 de diciembre de 2021. Entre los acuerdos que no pueden demorarse se entenderán incluidos en todo caso los atinentes a las obras, actuaciones e instalaciones mencionadas en el artículo 10.1.b) de la Ley 49/1960, de 21 de julio, sobre propiedad horizontal, que sí requieran acuerdo de la junta.

2. En el supuesto previsto en este artículo, la junta de propietarios podrá celebrarse por videoconferencia o por conferencia telefónica múltiple, siempre que:

a) Todos los propietarios dispongan de los medios necesarios, lo que será comprobado por el administrador con antelación a la junta; y

b) El secretario reconozca la identidad de los propietarios asistentes a la junta y así lo exprese en el acta.

El acuerdo se entenderá adoptado en el domicilio en el que se encuentre el secretario o el secretario administrador.

3. En el supuesto previsto en este artículo, será también posible la adopción de acuerdo sin celebración de junta mediante la emisión de voto por correo postal o comunicación telemática, siempre que puedan cumplirse las debidas garantías de participación de todos los propietarios, identidad del remitente y de recepción de la comunicación.

En estos supuestos, el presidente de la comunidad solicitará el voto a todos los propietarios mediante escrito en el que se hará constar la fecha, el objeto de la votación, que deberá expresarse de manera clara, la dirección o direcciones habilitadas para el envío del voto, y el plazo para emitirlo, que será de 10 días naturales.

El acuerdo se entenderá adoptado en el domicilio en el que se encuentre el secretario o el secretario administrador y el último día del plazo establecido para la emisión del voto.

A efectos del artículo 15.2 de la Ley 49/1960, de 21 de julio, sobre propiedad horizontal, se entenderá que el momento de inicio de la junta es el de la solicitud del voto por parte del presidente.

4. No obstante lo dispuesto en este artículo, la junta de propietarios podrá celebrarse de forma presencial cuando se garanticen las medidas de seguridad en cada momento aplicables.

5. A los efectos del artículo 18 de la Ley 49/1960, de 21 de julio, sobre propiedad horizontal, será causa de impugnación de los acuerdos adoptados conforme a lo dispuesto en este artículo, el incumplimiento de las garantías de participación e identificación que en él se establecen.
Artikel 2: Aussetzung der Verpflichtungen und (Frist-) Verlängerungen.

1. Die Verpflichtung zur Einberufung und Abhaltung von Eigentümerversammlungen in den Gemeinschaften, welche einem Wohnungseigentumsverhältnis unterliegen, wird bis zum 31. Dezember 2021 ausgesetzt.

2. Während desselben Zeitraums wird ebenso die Verpflichtung zum Beschluss des voraussichtlichen Einnahmen- und Ausgabenplans, der Jahresabschlusses und des jährlichen Haushaltsplans ausgesetzt.

3. Während desselben Zeitraums oder bis zur Abhaltung der entsprechenden Versammlung gelten der letzte beschlossene Jahreshaushaltsplan sowie die Ernennungen der Organe der Gemeinschaft als verlängert. Selbst dann, wenn zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses königlichen Gesetzesdekrets die gesetzliche oder satzungsmäßig festgelegte Zeitspanne abgelaufen sein sollte.

Artikel 3 Möglichkeit der Abhaltung von Versammlungen.

1. Ausnahmsweise kann in diesem Zeitraum die Eigentümerversammlung auf Verlangen des Präsidenten oder eines Viertels der Eigentümer oder einer Anzahl von Eigentümern, welche mindestens 25 Prozent der Beteiligungsquoten innehat, zusammentreten, wenn die Fassung eines Beschlusses erforderlich sein sollte, welcher keinen Aufschub bis zum 31. Dezember 2021 duldet. Zu den Beschlüssen, welche keinen Aufschub dulden, zählen in jeden Fall diejenigen, die sich auf die Bauarbeiten, Maßnahmen und Einrichtungen beziehen, welche in Artikel 10.1.b) des Gesetzes 49/1960, vom 21. Juli, über Wohnungseigentums genannt werden, die eines Beschlusses der Versammlung erfordern.

2. In dem in diesem Artikel vorgesehenen Fall kann, die Eigentümerversammlung mittels Videokonferenz oder per Mehrfach-Telefonkonferenz abgehalten werden, vorausgesetzt, dass:

a) Alle Eigentümer über die erforderlichen Mittel verfügen, was vom Verwalter vor (Abhaltung) der Versammlung zu überprüfen ist, und

b) der Sekretär die Identität der an der Versammlung teilnehmenden Eigentümer feststellt und dies entsprechend im Protokoll vermerkt.

Der Beschluss gilt als an dem Ort gefasst, an dem sich der Sekretär oder der Sekretär-Verwalter befindet.

3. In dem in diesem Artikel vorgesehenen Fall ist es auch möglich, einen Beschluss ohne Abhaltung einer Versammlung zu fassen, indem die Stimme durch Briefwahl oder mittels ferntechnischer Kommunikation abgegeben wird, vorausgesetzt, dass die entsprechenden Garantien hinsichtlich der Teilnahme aller Eigentümer, die (Feststellung der) Identität des Absenders und der Empfang der Mitteilung. Die Identität des Absenders und der Empfang der Mitteilung gewährleistet werden.

In diesen Fällen fordert der Präsident der Eigentümergemeinschaft alle Eigentümer schriftlich unter Angabe des Datums, des Gegenstands der Abstimmung, welcher hinreichend deutlich zu machen ist, zur Stimmabgabe auf, und nennt die Adresse oder Adressen, welche für die Übermittlung der Stimme bereitgestellt werden, und die Frist binnen derer die Abgabe zu erfolgen hat, und welche sich auf 10 Kalendertage beläuft.

Der Beschluss gilt als unter der Anschrift zustande gekommen, unter der sich der Sekretär oder Sekretär-Verwalter befindet, und dies am letzten Tag der für die Stimmabgabe festgelegten Frist.

Im Sinne des Artikels 15.2 des Gesetzes 49/1960 vom 21. Juli über das Wohnungseigentum, wird davon ausgegangen, dass der Zeitpunkt des Beginns der Versammlung derjenige ist, an welchem der Präsident die Aufforderung zur Stimmabgabe vorgenommen hat.

4. Ungeachtet der Bestimmungen dieses Artikels kann die Eigentümerversammlung im Präsenzformat abgehalten werden, wenn zum jeweiligen Zeitpunkt gewährleistet ist, dass die entsprechend geltenden Sicherheitsmaßnahmen eingehalten werden.

5. Im Sinne von Artikel 18 des Gesetzes 49/1960 vom 21. Juli über das Wohnungseigentum führt die Nichteinhaltung der Bestimmungen dieses Artikels, welche die Beteiligung und Teilnahme garantieren sollen, zur Anfechtbarkeit der getroffenen Beschlüsse.
Auszug aus dem königlichen Gesetzes-Dekret 8/2021, vom 4. Mai 2021

Dies bedeutet, dass die Durchführung von Onlineversammlungen, genauso wie die alternative Beschlussfassung mittels postalischer oder elektronischer Stimmabgabe ab dem 9. Mai 2021 und bis zum 31. Dezember 2021 offensichtlich zulässig war, solange die eben genannten Voraussetzungen erfüllt wurden.

Schriftliche Stimmabgabe ab dem 1. Januar 2022

Wie sich aus dem vorgenannten Abschnitt ergibt, wurde ausdrücklich die soeben genannte Sonderregelung für die Spanne vom 9. Mai 2021 und bis zum 31. Dezember 2021 geschaffen.

Der Gesetzgeber beschränkte diese Möglichkeit aber derart, dass die ausdrückliche Erlaubnis nur temporär gelten sollte, denn Artikel 2 spricht von einer Regelung mit einer beschränkten Dauer, bis zum 31. Dezember 2021, und Artikel 3.1 des gegenständlichen, königlichen Gesetzesdekrets bestimmt, dass diese alternativen Versammlungs- und Abstimmungsmodelle für die von diesem Zeitraum umfasste Spanne gelten. Schließlich beschreibt der Wortlaut konkret: “Ausnahmsweise kann in diesem Zeitraum die Eigentümerversammlung … […] …“ diese anderen Versammlungsarten und Modelle praktizieren.

Bedeutet dies im Umkehrschluss, dass es demnach zum jetzigen Zeitpunkt verboten wäre, derartige Onlineversammlungen, oder Abstimmungen mittels Briefwahl abzuhalten?

Von einem eindeutigen Verbot zu sprechen, wäre überzogen, aber tatsächlich ist anzunehmen, dass man weitestgehend zu der Ausgangslage zurückgekehrt ist, welche vor der Pandemie, und vor Erlass dieser Regelung galt.

Das spanische Wohnungseigentumsgesetz verbietet keine derartigen Versammlungen oder postalische Abstimmungen ausdrücklich, aber es gibt eben auch keine eindeutige Genehmigung mehr derselben, wie bis zum 31. Dezember 2021.

In der Rechtsliteratur ist deshalb ein Streit darum entbrannt, ob, und gegebenenfalls, unter welchen Umständen weiterhin Online-Versammlungen abgehalten werden oder Beschlüsse ohne Versammlung zustande kommen können.

Mit Hinweis auf Artikel 15.1 LPH, wird z.B. von Fuentes Lojo (Nueva regulación sobre la celebración de Juntas de Propietarios telemáticas, Diario La Ley) ausgeführt, dass das spanische Wohnungseigentumsgesetz lediglich von einer persönlichen Teilnahme oder Vertretung in der Versammlung spricht, und das dies nicht gleichbedeutend mit einer unmittelbaren physischen Anwesenheit aller Teilnehmer am selben Ort, gleichzusetzen sei. Vielmehr müsse vor dem Hintergrund des Artikels 3.1 des spanischen Zivilegesetzbuches (Código Civil) das Recht auch im Zusammenhang mit der sozialen Realität ausgelegt und angewandt werden. Die Durchdringung der Gesellschaft mit immer günstigerer und leichter zugänglicherer Informationstechnologie ermögliche die elektronische oder ferntechnische Teilnahme und Mitwirkung an der Entscheidungsfindung einer Eigentümergemeinschaft in einem Ausmaß, dass es gerechtfertigt sei, von der Notwendigkeit einer persönlichen physischen Anwesenheit abzusehen und die Möglichkeit genügen zu lassen, dass Teilnehmer an unterschiedlichen Orten simultan mittels Audio- und Videoverbindungen zugeschaltet werden können.

Ähnlich argumentiert Puche Ramos (Celebración de juntas después del 1 de enero de 2022: ¿Siguen siendo válidas las formas previstas en el art. 3 RDL 8/2011, de 4 de mayo?, Editorial Sepín), und kommt deshalb zu dem Ergebnis, dass es keinen triftigen Grund gäbe elektronische oder ferntechnische Versammlungen zu verbieten, und dass in erster Linie eigentlich nur noch fraglich sei, welche Voraussetzungen gegeben sein müssten, damit eine Eigentümergemeinschaft solcherlei Online-Versammlungen vereinbaren könne, dass an der Gesetzmäßigkeit selbige durchzuführen aber keine begründeten Zweifel bestünden.

Dabei folgert er, dass es genügen müsse, wenn die Eigentümer aufgrund ihres vorangegangenen Verhaltens signalisiert hätten, dass sie mit der Durchführung von Online-Versammlungen einverstanden seien. Eine derartige Zustimmung könne ausdrücklich oder stillschweigend in jeder rechtlich zulässigen Weise erteilt werden. So erfülle ihm nach, dieses Kriterium, sowohl die schriftlich geleistete Zustimmung zu einer derartigen Versammlung, wie auch die Teilnahme an einer vorangegangenen Online-Versammlung, oder z.B. die Abgabe der Stimme mittels E-Mail.

Sollte sich der betroffene Eigentümer später gegen die Abhaltung einer Online-Versammlung wenden, könne ihm vorgehalten werden, dass er sich in Widerspruch zu seinem eigenen Verhalten setzen würde, und durch die sogenannten “actos propios“, also die selbst vorgenommenen Handlungen an die durch diese signalisierte Außenwirkung gebunden sei.

Mit denjenigen Eigentümern die sich gegen die Abhaltung einer derartigen Versammlung ausgesprochen hätten, sei hingegen eine Präsenzversammlung durchzuführen, was im Ergebnis eine gemischte Versammlung bedeuten würde. Gemischt deshalb, weil ein Teil der Eigentümer während bzw. in der Versammlung, an einem gemeinsamen Ort physisch anwesend wäre, während die übrigen Eigentümer von einem entfernten Ort aus teilnehmen würden.

Meiner persönlichen Auffassung nach, vermengen die beiden vorgenannten Meinungen, in erster Linie, in unzulässiger Weise, zwei vollkommen unterschiedliche Fragen, und setzen die Online-Versammlung einer Briefwahl gleich. Die Abhaltung einer Online-Versammlung sollte aber streng von einer postalischen Abstimmung, ohne Durchführung einer Versammlung, unterschieden werden.

In zweiter Linie halte ich es für zu vereinfachend, der Beteiligung einzelner Eigentümer, an gewissen Versammlungen oder Abstimmungsformen automatisch eine für diese so weitreichende Bindungswirkung zuzuschreiben. Wie einfach kann ein einzelner Eigentümer in eine derartige Versammlung oder Abstimmung hineingeraten, ohne die Folgen absehen zu können? Vielfach wird er sich vor die Wahl gestellt sehen, entweder eine Einbuße an seinen Mitwirkungsmöglichkeiten zu erleben oder sich den durch die übrigen Eigentümer ergriffenen Maßnahmen fügen zu müssen. Darin immer und in jedem Fall eine Zustimmung zu diesem Vorgehen zu erkennen, empfinde ich als zu weit gehend.

Online Versammlung im Vergleich zur postalischen Abstimmung

Wenn Artikel 15.1 LPH von der persönlichen Teilnahme oder Vertretung in einer Versammlung spricht, so kann eine derartige Teilnahme theoretisch auch online oder mittels einer Telefonkonferenz erfolgen.

Bei einer Briefwahl hingegen gibt es keine persönliche Teilnahme.

Der Gesetzgeber ist sich, meiner Meinung nach darüber bewusst, dass eine sinnvolle Entscheidungsfindung des Austausches zwischen Eigentümern bedarf, und dass ein solcher bei Briefwahlen eher erschwert, wenn nicht fast unmöglich gemacht wird.

Auch wenn solch ein Vorgehen, aufgrund der während der Pandemie erlassenen Sonderregeln, bis zum 31. Dezember 2021 ausdrücklich zulässig war, sollte man ab dem 1. Januar 2022 Vorsicht walten lassen.

Voraussetzungen für die Durchführung einer Online-Versammlung

Wie auch immer man zu Online-Versammlungen stehen will, verlangt z.B. Magro Servet (Juntas de propietarios de voto por correo para 2022, Tribuna, Lefevbre) meiner Einschätzung nach richtigerweise, dass die Gemeinschaft zusätzlich die Durchführung solcher Online-Versammlungen, ab dem 1. Januar 2022 von einem Beschluss abhängig macht, der darauf gerichtet ist, derartige Versammlungen zu genehmigen.

Hierfür lässt er eine einfache Mehrheit der Stimmen und Quoten genügen.

Besondere Herausforderungen bei Beschlussfassung durch Briefwahl

Problematisch ist bei der Durchführung einer Briefwahl aber nicht nur das Wegfallen der eigentlichen Versammlung, sondern der Umgang mit denjenigen Beschlüssen, für deren Zustandekommen bestimmte Mehrheiten unter allen Eigentümern, und nicht nur den in der Versammlung teilnehmenden oder vertretenen Eigentümer erzielt werden müssen.

Streng genommen gibt es hier ja keine wirklichen Teilnehmer an einer Versammlung, denn diese findet ja eben gerade nicht statt.

Das oben beschriebene königliche Gesetzesdekret geht in seinem Artikel 3.3.4 davon aus, dass die “Versammlung“ mit der Versendung der Aufforderung des Präsidenten eingeläutet wird. Damit wären dann alle Eigentümer, welche diese Aufforderung erhalten haben (und alle müssen diese bekommen), Teilnehmer. Andernfalls wäre das Ergebnis anfechtbar.

Auf diese Weise kann man als positive Aspekte von Briefwahlen folgende Besonderheiten verzeichnen:

  • Es bedarf keiner Vertretungen mehr, da alle Eigentümer letztlich innerhalb der durch Artikel 3.2 bestimmten 10-Tages-Frist ihre Stimme abgeben können, was dazu führt, dass die Stimmabgabe zeitversetzt innerhalb eines relativ günstigen Rahmens erfolgen kann, ohne dass man sich hierfür an einem bestimmten Ort befinden müsse.
  • Es ist theoretisch leichter, umfassendere Mehrheiten zu erzielen, denn in den besonderen Fällen der Artikel 10.3, 17.1. und 17.4 LPH, in denen zur Erzielung der dort beschriebenen Zustimmung, eine bestimmte Stimmen und Quotenzahl bezogen auf sämtliche Eigentümer eintreten muss, scheitert die Bildung eines entsprechenden Willens nicht an der fehlenden Teilnahme der nicht anwesenden Eigentümer.

Dies wirft dann die zusätzliche Frage auf, wie mit denjenigen Eigentümern zu verfahren ist, die keine Stimme abgeben.

Wer seine Zustimmung oder Ablehnung entsprechend zum Ausdruck gebracht hat, wird gemäß des Inhaltes seines Votums behandelt. D.h. seine Stimme und Quote zählt dann für oder eben gegen den Beschlussvorschlag.

Wer sich enthalten möchte, wird dies ausdrücklich so mitteilen müssen.

Wer hingegen nicht antwortet, und damit nicht aktiv an der “Versammlung“ teilnimmt, müsste wie der in einer Präsenzversammlung abwesende Eigentümer behandelt werden.

Dennoch gäbe es eine weitere Besonderheite bzw. Abweichung hiervon:

Die Fälle, welche im Artikel 17.8 LPH beschrieben werden, und bei denen die Stimmen und Quoten der in der Versammlung abwesenden Eigentümer eine besondere Behandlung erfahren, weil diesen der vorläufige Beschluss der anwesenden oder vertretenen Eigentümer übermittelt wird, damit sie binnen einer Frist von 30 Tage Ihr Votum abgeben, müssten bei einer reinen Briefwahl eine andere Behandlung erfahren.

Es gäbe keinen Grund diesen Eigentümern den “vorläufigen Beschluss“ der anwesenden oder wirksam vertretenen Eigentümer mitzuteilen, damit sie auch noch nachträglich ihre Stimme abgeben können.

Schließlich haben sie, genauso wie alle anderen Eigentümer, binnen der vorgesehenen Frist, praktisch unabhängig von ihrem Aufenthaltsort, die Gelegenheit gehabt, bequem ihre Stimme abzugeben.

Magro Servet, argumentiert in diesem Zusammenhang, dass es für die zunächst nicht abgegebenen Stimmen, bei einer Briefwahl, keine Nachfrist im Sinne des Artikels 17.8 LPH geben dürfe, aber dass man statt der in dem königlichen Gesetzesdekret vorgesehenen 10-Tages-Frist für die Stimmabgabe eine weitaus umfangreichere Frist schaffen könne, damit jeder die Möglichkeit habe, ohne Zeitdruck, seine Stimme auf dem Postweg (wobei statt oder neben der Briefpost auch die Abgabe per E-Mail ermöglicht werden kann) abzugeben.

Das katalanische Wohnungseigentumsrecht

In Katalonien gelten bereits seit dem Jahre 2006 andere Regeln. Seit diesem Jahr verfügt diese Autonome Gemeinschaft über eigene Vorschriften zum Wohnungseigentumsrecht, welche in das fünfte Buch des katalanischen Zivilgesetzbuches eingefügt wurden.

So sieht Artikel 553-22.1 des katalanischen Zivilgesetzbuches seit dem Jahr 2015 vor, dass mittels Satzung oder aufgrund eines entsprechenden Beschlusses, eine Teilnahme an der Versammlung auch durch Videokonferenz oder Telefonkonferenz erfolgen darf, wobei der dortige Gesetzestext hervorhebt, dass es sich um synchron, also zeitgleich erfolgende Teilnahmen zu handeln habe.

Damit war allerdings nicht etwa die Durchführung von reinen Online-Versammlungen gemeint. Vielmehr sollten einzelne Eigentümer, von einem anderen Ort aus, der Präsenz-Versammlung beiwohnen können.

Die zeitgleiche Teilnahme schloss damit implizit gleichzeitg eine Briefwahl aus.

Auch der katalanische Gesetzgeber hat jedoch aufgrund der durch die Pandemie aufgekommenen Herausforderungen, durch das Decreto Ley 10/2020, vom 27. März, und während der Dauer des Alarmzustandes, die Möglichkeit geschaffen, reine Online-Versammlungen abzuhalten, oder eine zeitversetzte Abstimmung durchzuführen, und damit die Option eröffnet, Beschlüsse zu treffen, ohne Versammlung stattfinden lassen zu müssen.

Ähnlich wie im restlichen Spanien wurde durch Ablauf der in den bezeichneten Vorschriften genannten Anwendungsfristen, einer fortgesetzten Abhaltung von Online-Versammlungen oder der Erzielung von Beschlüssen im Umlaufverfahren allerdings der Boden entzogen.

Schlussfolgerungen

In Katalonien sind deshalb, wenn die Satzung dies erlaubt oder ein entsprechender Beschluss getroffen wurde, hybride Versammlungen, bei denen einzelne Eigentümer mittels Videokonferenz zugeschaltet werden, ausdrücklich durch den Gesetzgeber gestattet.


Im Rest Spaniens sprechen sich trotz mangelnder gesetzlicher Grundlagen, die meisten Literaturmeinungen dafür aus, eine hybride Versammlung zu gestatten, wenn dies durch einen entsprechenden Beschluss gedeckt wurde.


Von der Abhaltung reiner Online-Versammlungen oder Umlaufbeschlüssen wird eher abgeraten, solange es keine klare gesetzliche Grundlage hierfür gibt.