Wie lange dauert die Amtsperiode des Präsidenten einer spanischen Eigentümergemeinschaft?
Gemäss Artikel 13.7 LPH (spanisches Wohnungseigentumsgesetz) werden die Ämter einer Eigentümergemeinschaft für ein Jahr besetzt, wenn in der Satzung der Gemeinschaft nichts Gegenteiliges bestimmt wurde.
Es stellt sich deshalb die Frage, was geschieht, wenn seit der Ernennung ein Jahr vergangen ist, ohne dass es zu einer Neubesetzung des Amtes oder zu einer ausdrücklichen Verlängerung gekommen ist, und die Gemeinschaftssatzung hierüber keine Aussage trifft.
Ursprünglich, d.h. mit in Kraft treten des spanischen Wohnungseigentumsgesetzes im Jahre 1960 ist man immer von einer automatischen Verlängerung der Amtszeit ausgegangen, denn die ursprüngliche Fassung des Artikels 13 LPH (spanisches Wohnungseigentumsgesetz) sah keine an eine Frist gebundene Amtsdauer vor.
Darüber hinaus besagte der 4. Absatz des Artikels 12 der ersten Fassung der Ley de Propiedad Horizontal (spanisches Wohnungseigentumsgesetz), dass bei Ablauf der einjährigen Amtsperiode, und in Ermangelung anderer Regelungen, eine stillschweigende jährliche Verlängerung anzunehmen sei, wenn kein neuer Amtsträger bestellt worden sei.
Seit dem 28. April 1999 ist allerdings eine stark reformierte Fassung dieser beiden Artikel, d.h. der Artikel 12 und 13 LPH (spanisches Wohnungseigentumsgesetz) in Kraft getreten, welche ausdrücklich von einer Amtsdauer mit dem Umfang eines Jahres ausgeht, und die Annahme der stillschweigenden Amtsverlängerung entfallen ließ.
Trotz dieser Reform hielt die h.M. auch nach 1999 an der vorherigen Auffassung fest, dass auch nach Beendigung der offiziell vorgesehenen Amtsperiode der betroffene Amtsträger seine Aufgaben weiter wahrnehmen müsse, und sich seine Amtstätigkeit fortsetze, bis er durch einen neuen Amtsinhaber abgelöst werde.
Auf praktischer Ebene wurde eine derartige Bewertung als vollkommen natürlich und konsequent wahrgenommen, und nicht wirklich diskutiert, den schliesslich musste die Gemeinschaft immer schon über die entsprechenden Amtsträger verfügen, und bis zum Antritt eines neuen Organs, das alte konsequenterweise seine Aufgabe fortsetzen. Das Amt sollte also regelmäßig fortgesetzt durch den alten Amtsträger ausgeübt werden, bis seine Ablösung mittels eines neuen Amtsträgers erfolgte.
In diese – aus der täglichen Übung gewonnene und auch nach der Gesetzesänderung des Jahres 1999 fortgesetzte – Ruhe trat plötzlich eine anderslautende Interpretation der Generaldirektion der Grundbuchämter und Notariate, vom 5. Juni 2015, welche die Auffassung vertrat, man dürfe keine stillschweigende Verlängerung der Amtsträgerschaft annehmen, wenn das Gesetz die Amtsperiode ausdrücklich auf ein Jahr beschränke.
Welcher Fall gab konkret Anlass zu dieser Wertung der Generaldirektion?
Eine Eigentümergemeinschaft hatte beschlossen, über ein Gemeinschaftselement zu verfügen, und dieses einem einzelnen Eigentümerehepaar als Teil ihres bestehenden Sondereigentums zuzuweisen. Zu diesem Zweck wurde der entsprechende Beschluss in der Eigentümerversammlung gefällt. Es sollte ein privatschriftlicher Vertrag geschlossen und dann beurkundet werden. Dies sei durch die Präsidentin umzusetzen. Um die Eigentumsübertragung nunmehr in das Grundbuch eintragen lassen zu können, musste in einem Notariat die dargelegte Beurkundung des privatschriftlichen Dokumentes und später die Vorlage beim Grundbuchamt erfolgen.
Der aufgesuchte Notar beanstandete die gewünschte Beurkundung nicht und vollzog seine Aufgabe. Als es jedoch um die Eintragung ins Grundbuch ging, weigerte sich der Grundbuchrichter, die Eintragung vorzunehmen, und verwies darauf, dass die beurkundende Präsidentin schon vor über einem Jahr bestellt, und ihre Amtsperiode folglich abgelaufen sei, wenn es nicht zu einer Wiederwahl oder sonstigen Bestätigung im Amt gekommen wäre, was nicht nachgewiesen wurde.
In Ermangelung einer ordnungsgemäßen Amtsträgerstellung könne die Präsidenten diesen Beschluss schon nicht vollstrecken und ein privatschriftliches Dokument im Namen der Eigentümergemeinschaft beurkunden lassen, und deshalb auch keine Eintragung in das Grundbuch ermöglichen.
Gegen diese Einordnung durch das Grundbuchamt wurde durch die Betroffenen ein Rechtsbehelf formuliert.
Hier soll zunächst der spanische Originaltext der Entscheidung der Generaldirektion wiedergegeben werden. Eine einfache Übersetzung folgt unmittelbar danach.
Entscheidung der Generaldirektion zur Amtsdauer des Präsidenten
“Resolución de 5 de junio de 2015, de la Dirección General de los Registros y del Notariado, en el recurso interpuesto contra la calificación del registrador de la propiedad de Pozuelo de Alarcón n.º 1, por la que se suspende la inscripción de una escritura de desafectación parcial de elemento común de un conjunto inmobiliario en régimen de propiedad horizontal con adjudicación a los propietarios de determinado elemento privativo para su vinculación a éste, mediante elevación a público de documento privado de compraventa del elemento desafectado.”
[…]
“Por lo que se refiere al presente caso, según el artículo 13.7 de la Ley sobre propiedad horizontal, el nombramiento de los órganos de gobierno se hará por el plazo de un año, salvo que los estatutos de la comunidad dispongan lo contrario. El artículo 12, párrafo cuarto, de esta Ley, en su redacción originaria (Ley 49/1960, de 21 de julio), disponía que el plazo de un año de los nombramientos de presidente, administrador o secretario-administrador era «prorrogable tácitamente por períodos iguales», pero esta previsión quedó suprimida por la reforma verificada mediante la Ley 8/1999, de 6 de abril. Por ello, y a falta de disposición estatutaria en contra, la prórroga expresa del nombramiento debe acreditarse en alguna de las formas antes indicadas, sin que sea suficiente la mera manifestación vertida por la persona que alega la vigencia de su cargo.”
Übersetzt bedeutet dies stark vereinfacht:
“Entscheidung der Generaldirektion der Grundbuchämter und Notare, vom 5. Juni 2015, in der Berufung gegen die Einordnung des Grundbuchrichters von Pozuelo de Alarcón Nr. 1. Dort wurde die Eintragung einer Urkunde verwehrt, welche die teilweise Aufhebung der Einordnung eines Gemeinschaftselementes eines Immobilienkomplexes zum Gegenstand hatte, welches dem Wohnungseigentumsrecht unterliegt, und dass durch Zuweisung an die Eigentümer eines bestimmten Sondereigentumselementes mit diesem verbunden werden sollte. Dies durch die Beurkundung eines privatschriftlichen Kaufvertrags.”
[…]
“Was den vorliegenden Fall betrifft, so werden gemäß Artikel 13.7 des spanischen Wohnungseigentumsgesetzes die Verwaltungsorgane für die Dauer eines Jahres ernannt, es sei denn, die Satzung der Gemeinschaft sieht etwas anderes vor. Artikel 12, vierter Absatz, dieses Gesetzes sah in seiner ursprünglichen Fassung (Gesetz 49/1960 vom 21. Juli) vor, dass die einjährige Amtszeit für die Ernennung des Präsidenten, des Verwalters oder des Verwaltungssekretärs „stillschweigend für gleiche Zeiträume verlängert werden kann“, aber diese Bestimmung wurde durch die Reform, die durch das Gesetz 8/1999 vom 6. April eingeführt wurde, aufgehoben. In Ermangelung einer gegenteiligen Bestimmung in der Satzung muss daher die ausdrückliche Verlängerung der Amtszeit auf eine der oben genannten Weisen bestätigt werden, und die bloße Erklärung der Person, die die Gültigkeit ihres Amtes beansprucht, ist nicht ausreichend.”
Im Ergebnis bedeutet dies, dass das Grundbuchamt zu Recht – zumindest aus der Perspektive des Grundbuchwesens – eine Eintragung versagt hat, weil sich die als Präsidentin handelnde Eigentümerin nicht die Befugnisse einer Präsidentin anmaßen konnte, wenn seit ihrer Bestellung über ein Jahr vergangen war, und sie nicht in ihrem Amt bestätigt wurde.
Handelt demnach ein Eigentümer als Präsident, obwohl seine Amtsdauer bereits abgelaufen ist, setzt man sich der soeben beschriebenen Gefahr aus, dass eine Fortgeltung der Amträgerstellung angezweifelt, und damit jede Maßnahme gegebenenfalls als unrechtmäßig eingestuft wird.
Dennoch wird in der Praxis diese Einordnung der Generaldirektion relativiert, und als unangemessen – mehr oder weniger bewusst – ignoriert.
Einerseits argumentiert die Praxis, unter Bezug auf Literaturmeinungen, dass rein tatsächliche Problem der nicht immer koordinierbaren jährlichen Eigentümerversammlungen.
Nicht immer kann zu einem auf den Tag genau gleichen Datum die nächstfolgende Eigentümerversammlung abgehalten werden. Wurde z.B. an einem 1. Juli eine ordentliche Versammlung abgehalten, und ein neuer Präsident bestellt, so könnte die nächste ordentliche Versammlung gegebenenfalls erst am 10. Juli des Folgejahres abgehalten werden. Würde dies beuten, dass die Eigentümergemeinschaft bereits am 2. Juli, also 8 Tage vor Abhaltung der nächsten ordentlichen Versammlung ihren Präsidenten eingebüßt hätte?
Das wäre wohl eine zu enge, zu sehr am Wortlaut ausgerichtete Auslegung, welche im Widerspruch zu den täglichen Anforderungen und Bedürfnissen einer Gemeinschaft stünde.
So jedenfalls möchten es die meisten Hausverwalter und Kollegen verstehen.
Aus juristischer Perspektive betrachtet, wird diese Einordnung auch gerne mit folgender Entscheidung des Tribunal Supremo, vom 9. Oktober 1991 relativiert:
Dort ging es vereinfacht um die Frage, ob ein Präsident der durch einen Beschluss bestellt wurde, welcher zwischenzeitlich ausgesetzt worden war, trotz tatsächlichen Verlustes seiner Stellung, weiterhin Amtsgeschäfte vornehmen durfte. So etwa hatte er trotz der Rücknahme seiner Bestellung im konkreten Fall Versammlungen einberufen.
Urteil des Obersten Gerichtshofs Spaniens (Tribunal Supremo) zur Frage der Fortgeltung des Präsidentenamtes
Der Tribunal Supremo argumentierte in diesem konkreten Fall, dass der als Präsident handelnde Eigentümer zwar der Aussetzung des ihn bestellenden Beschlusses unterworfen sei, und deshalb genau genommen kein ordnungsgemäß bestellter Präsident mehr sei, aber sein Amt hatte er ansonsten dennoch friedlich, weiter ausgeübt.
Ich zitiere:
“Segundo: A la vista de la cuestión fáctica que hemos dejado establecida, y de los principios y prescripciones legales que se han enumerado, resulta obligado desestimar todas y cada una de las declaraciones de nulidad y violaciones que se señalan en el recurso: La Junta fue convocada por la persona idóneamente elegida, y la única que, no obstante la suspensión del acuerdo relativo a su reelección, venía ejerciendo pacíficamente las funciones de Presidente; los acuerdos fueron tomados por la mayoría de votos que señala el art. 16.2 de la Ley ; la elección del nuevo Presidente y del Administrador estuvo en concordancia con lo previsto en el art. 12 del mismo texto legal ; no existió modificación alguna de los Estatutos, pues la convocatoria de la Junta extraordinaria estuvo acomodada a las disposiciones del art. 15, que tienen prioridad a lo dispuesto en los antiguos Estatutos; y el requisito de las celebraciones de unas Juntas ordinarias en determinada fecha, no es incompatible con la posibilidad de celebrar las extraordinarias que los comuneros consideran convenientes ( Sentencias de 15-7-1989 y de 19-6-1991); resta finalmente por constatar, que en la Sentencia recurrida se dejó establecida, la circunstancia de haberse acompañado con la convocatoria documentación suficiente, para que los copropietarios pudieran conocer y dictaminar sobre las cuentas y presupuestos, cuya aprobación figuraba en el Orden del día, cuestión fáctica no combatida, y que hace también decaer esta última alegación. Por todo lo que acabamos de razonar, procede la desestimación del único motivo propuesto, y del recurso en su integridad, […].”
Übersetzt bedeutet dies so viel wie:
“Zweitens: In Anbetracht des von uns festgestellten Sachverhalts und der angeführten Rechtsgrundsätze und -vorschriften ist es zwingend erforderlich, jede einzelne der in der Berufung angeführten Nichtigkeitserklärungen und Verstöße zurückzuweisen: Die Versammlung wurde von der ordnungsgemäß gewählten Person einberufen, und zwar von der einzigen Person, die trotz der Aussetzung der Vereinbarung über ihre Wiederwahl das Amt des Präsidenten friedlich ausgeübt hat; die Vereinbarungen wurden mit der in Art. 16.2 des Gesetzes bestimmten Mehrheit erzielt; die Wahl des neuen Präsidenten und des Verwalters erfolgte in Übereinstimmung mit den Bestimmungen von Art. 12 desselben Gesetzestextes; es gab keine Änderung der Satzung, da die Einberufung der außerordentlichen Hauptversammlung in Übereinstimmung mit den Bestimmungen von Art. 15, der Vorrang vor den Bestimmungen der früheren Satzung hat, erfolgt. Die Vorschrift, ordentliche Versammlungen zu einem bestimmten Datum abzuhalten, ist nicht unvereinbar mit der Möglichkeit, außerordentliche Versammlungen abzuhalten, wenn die Miteigentümer dies für angebracht halten (Urteile vom 15.7.1989 und 19.6.1991); Schließlich bleibt festzustellen, daß in dem angefochtenen Urteil erkannt wurde, daß der Einberufung ausreichende Unterlagen beigefügt waren, die es den Miteigentümern ermöglichten, die Abrechnungen und Haushaltspläne, deren Genehmigung auf der Tagesordnung stand, zur Kenntnis zu nehmen und darüber zu beschließen, ein Sachverhalt, der nicht bestritten wurde und der auch die letzte Behauptung hinfällig macht. Aus all diesen Gründen sind der einzige Rechtsmittelgrund und das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen […].”
Fazit
Im Ergebnis sprechen viele Argumente für die Möglichkeit, eine fortgesetzte Amtsträgerstellung anzunehmen. Problematisch wird es allerdings, wenn der Präsident Verfügungsgeschäfte vornehmen soll, bei denen er seine Eigenschaft als Amtsträger nachweisen muss. Die Einordnung des Grundbuchrichters und der Generaldirektion erfolgte auch nicht aufgrund einer zu verkopften, überbürokratisierten Sichtweise, sondern zum Schutze der Interessen der Gemeinschaft und des Rechtsverkehrs. Auch wenn im beschriebenen Fall von der Präsidentin im Sinne aller Beteiligten gehandelt wurde, sind Konstellationen denkbar, in denen zum Nachteil Dritter gehandelt wird, deren Schutz u.a. dem Grundbuchrichter obliegt.
Ganz beseitigen lässt sich dieses Problem, wenn in der Satzung klar geregelt wird, dass die Ämter so lange bekleidet und ausgeübt werden, bis ein neuer Amtsträger bestellt wurde, und dieses Vorgehen empfehlen wir letztlich, wenn sich die Gelegenheit bietet, eine Satzungsänderung durchzuführen, und nicht bereits eine entsprechende Regelung aufgenommen wurde.